Bäche mit all ihren unterschiedlichen Landschaften gehören zu den meist beachteten Lebensräumen.
«Das Bächlein lad zum Verweilen,
du besinnst dich, nicht zu eilen,
Nimm dir Ruhe und ein wenig Zeit,
sei du selbst, geniess die Einsamkeit»
(5 Strophen, Bernd Richter)
Das sind Worte, die wie nicht aus unseren Tagen stammen. Vielleicht gibt es heute noch Menschen, die mit dieser Beschreibung zu einem Stück Natur etwas anfangen können. Sogar der grosse Schalk Wilhelm Busch fand einen romantischen Zug am fliessenden Wasser. «Wärst du ein Bächlein, ich ein Bach – so eilt ich dir geschwinde nach …usw. » Leute, die heute an Bächen stehen, mögen das Fliessen des Wassers auch geniessen, oft werden aber andere Werte gesehen und Aspekte diskutiert: «Restwasser», «Energie», «Touristische Wertschöpfung», «Unsichtbare Belastungen» bestenfalls noch «Revitalisierung».
Vielseitiges Leben der wirbellosen Tiere
In beiden erwähnten Welten beschäftigen sich die Menschen wenig mit dem Leben eines Fliessgewässers, ausser allenfalls mit dem, was auf den Teller kommt. Diesen Zwischenraum, das Leben im Bach, soll dieser Beitrag ausleuchten. Ausleuchten? Der Bach ist so klar mit seinem Wasser, dass sich sämtliche Organismen leicht zeigen: Auf, zwischen oder unter Steinen, an Wasserpflanzen; nur die mikroskopisch kleinen bleiben unseren Augen verborgen. Es sind sehr viele Arten von einzelnen Familien von Köcherfliegenlarven, Käferlarven, Wasserkäfer, Eintagsfliegen, Krebse, Steinfliegen, Würmer, Wasserkalb, Plattwürmer etc. Nirgendwo als in einem Bach kann man das ganze Nahrungsnetz so gut sehen. Auch Störungen in diesem Lebensraum sind leichter zu erkennen als anderswo; ausser den modernen, verborgenen Belastungen mit Chemikalien irgendwelcher Herkunft. Wichtige natürliche Charakteristiken eines Baches, an die sich die darin lebenden Organismen anpassen müssen, sind: Sauerstoffangebot, das Süsswasser selbst, die Temperatur und die Fliessgeschwindigkeit.
Kieselalgen im Alpenbach, im Walensee und in den Meeren der Antarktis
Die Nahrungsgrundlage in Gewässern allgemein sind meist unsichtbare Algen. Die bedeutsamsten unter ihnen sind richtige kleine Perlen: Kieselalgen. Ihre Zelle ist eingepackt in einer wunderbaren und durchsichtigen Schachtel aus Quarz, Kiesel eben. Die Schachteln können rund, langgezogen oder von anderen fantasievollen Formen sein. Sogar in der Antarktis sind sie die Grundlage des Lebens im Meer. In den Alpen bilden sie selbst dort auf den Steinen einen dünnen biologischen Film, wo das Wasser mit grösster Geschwindigkeit darüber fliesst. Wer barfuss über einen Alpenbach geht, spürt den glitschigen Biofilm. In langsam fliessenden Bächen kommen verschiedene Grünalgen dazu. Grüne Fadenalgen sind für viele kleine Bachtiere ungünstige Lebensräume und sie zeigen eine Überdüngung des Gewässers an. Reinwasseralgen wie Froschlaichalgen oder die Armleuchteralgen als wertvoller Unterstand für Fische kommen da nicht mehr vor.
Eintagsfliegen Künstler mit vielseitigen Anpassungen
Wo es Nahrung gibt, kommen auch die Konsumenten auf unwirtlichsten Orten wie auf Steinen vor. Wer dort fressen will, muss sehr flach sein, Krallen haben oder sich wie ein Saugnapf an Steinen haftend über die Nahrung schieben und Algen abkratzen. Die Larven der verschiedenen Arten von Eintagsfliegen bringen dieses Kunststück fertig. An ihren Hinterleibs Abschnitten (Segmenten wie bei allen Insekten) stehen flache Kiemenblättchen zur Seite ab, mit denen sie eine gewisse Saugwirkung erzeugen können. Die Larven anderer Eintagsfliegen haben steife, kurze Kiemen. Damit schwimmen sie ein paar Zentimeter sogar in schnellfliessendem Wasser von einem Moos zum anderen.Sie weiden an den Wasserpflanzen Algen ab. Fast in jeder Nische des Baches hat es speziell angepasste Arten dieser Insektenordnung, sogar grabende Arten. Sie sind übrigens wie viele andere Bachinsekten die «Fliege» genannt werden, nicht mit Stubenfliegen verwandt. In ein paar Bächen unserer Region hat es mindestens 11 verschiedene Arten. Eintagsfliegen? Die Larven leben fast das ganze Jahr im Wasser. Die flugfähigen Tiere schlüpfen mit unterschiedlichen Techniken aus den schnell fliessenden Bächen von Ende Januar bis Mai. Sie paaren sich schnell und die kurzlebigsten Arten sterben noch gleichentags nach der Eiablage – nur wenige Arten dürfen ein paar Sonnentage geniessen. Zur Paarung und zur Eiablage fliegen sie bachaufwärts. Man nennt das Kompensationsflug. Die Nachkommen entwickeln sich weiter oben im Bach und werden unter dem Jahr durch die Strömung bachabwärts verdriftet, abgeschwemmt. Ähnliches Verhalten gibt es bei vielen anderen kleinen Tieren im Bach – Bewegung immer gegen die Strömung, alle müssen die Drift kompensieren.
Eintagsfliegen Künstler mit vielseitigen Anpassungen
Wo es Nahrung gibt, kommen auch die Konsumenten auf unwirtlichsten Orten wie auf Steinen vor. Wer dort fressen will, muss sehr flach sein, Krallen haben oder sich wie ein Saugnapf an Steinen haftend über die Nahrung schieben und Algen abkratzen. Die Larven der verschiedenen Arten von Eintagsfliegen bringen dieses Kunststück fertig. An ihren Hinterleibs Abschnitten (Segmenten wie bei allen Insekten) stehen flache Kiemenblättchen zur Seite ab, mit denen sie eine gewisse Saugwirkung erzeugen können. Die Larven anderer Eintagsfliegen haben steife, kurze Kiemen. Damit schwimmen sie ein paar Zentimeter sogar in schnellfliessendem Wasser von einem Moos zum anderen.Sie weiden an den Wasserpflanzen Algen ab. Fast in jeder Nische des Baches hat es speziell angepasste Arten dieser Insektenordnung, sogar grabende Arten. Sie sind übrigens wie viele andere Bachinsekten die «Fliege» genannt werden, nicht mit Stubenfliegen verwandt. In ein paar Bächen unserer Region hat es mindestens 11 verschiedene Arten. Eintagsfliegen? Die Larven leben fast das ganze Jahr im Wasser. Die flugfähigen Tiere schlüpfen mit unterschiedlichen Techniken aus den schnell fliessenden Bächen von Ende Januar bis Mai. Sie paaren sich schnell und die kurzlebigsten Arten sterben noch gleichentags nach der Eiablage – nur wenige Arten dürfen ein paar Sonnentage geniessen. Zur Paarung und zur Eiablage fliegen sie bachaufwärts. Man nennt das Kompensationsflug. Die Nachkommen entwickeln sich weiter oben im Bach und werden unter dem Jahr durch die Strömung bachabwärts verdriftet, abgeschwemmt. Ähnliches Verhalten gibt es bei vielen anderen kleinen Tieren im Bach – Bewegung immer gegen die Strömung, alle müssen die Drift kompensieren.
Extreme Tricks Nahrung in einer schwierigen Lage zu holen
Fliessgewässer transportieren ständig grössere und kleinere Materialien, darunter auch kleine essbare Partikel. Man müsste dazu nur einen winzigen Fänger gegen die Strömung halten. Dieses Kunststück beherrschen die Larven der Kriebelmücken. Am Stein festgesaugt stellt sich der steife, wurmförmiger Köper in die starke Strömung und hält zwei Fächer dem Wasser entgegen. In Alpbächen nah der Alphütten und Ställe kommen sie manchmal zu Tausenden vor. Die erwachsenen Weibchen saugen Blut und andere Körpersekrete, auch am Vieh. Ihr Stich ist giftig und es kam schon vor, dass Rinder nach einem Überfall eines Schwarmes gestorben sind.
Die Extremisten unter den strömungsfesten Algenfressern an Steinen sind die Lidmückenlarven. Man muss sie mit dem Messer abkratzen. Mit richtigen Saugnäpfen spazieren sie gerade dort an den Steinrändern, wo das Wasser mit voller Wucht darüber schiesst. Die Saugnäpfe stabilisieren auf dem Stein die zu Stützen umgewandelten Beine des Tieres.
Sauerstoffangebot als unerwartete Herausforderung für die Kleinsten im Bach
Das Sauerstoffangebot ist für alle Tiere im Bach ein grosses Thema. Das würde man nicht denken beim Anblick eines rauschenden und sprudelnden Baches. Im Wasser hat es aber auch bei vollständiger Sättigung rund dreissigmal weniger Sauerstoff als im gleichen Volumen Luft – fast unglaublich. Zudem nimmt die Löslichkeit des Sauerstoffes mit der Zunahme der Temperatur sehr schnell ab – die verendeten Fische in heissen Sommern machen das deutlich. Wasserinsekten haben wie die Landinsekten ein Luftröhrensystem, nur ohne äussere Atemöffnungen. Die Luftröhren (Tracheen) treten bei Wasserinsekten ganz nah an die Körperoberfläche und der Sauerstoff diffundiert dort hinein. Wo es schneller gehen muss, treten oft seltsam gestaltete geschlossene Tracheenbündel aus dem Körper oder es werden grosse Atmungsoberflächen, wie bei den Kiemenblättchen der Eintagsfliegen, erzeugt. Zwischen den Moosblättchen kriechende und weidende Eintagsfliegenlarven müssen ihre Kiemenblättchen ständig in Bewegung halten. Das sieht dann so aus wie im Hauptbahnhof Zürich, wenn die Tafeln der Fahrplanangaben herunter gerattert sind (bis noch vor ein paar Jahren!).
Sauerstoffangebot als unerwartete Herausforderung für die Kleinsten im Bach
Das Sauerstoffangebot ist für alle Tiere im Bach ein grosses Thema. Das würde man nicht denken beim Anblick eines rauschenden und sprudelnden Baches. Im Wasser hat es aber auch bei vollständiger Sättigung rund dreissigmal weniger Sauerstoff als im gleichen Volumen Luft – fast unglaublich. Zudem nimmt die Löslichkeit des Sauerstoffes mit der Zunahme der Temperatur sehr schnell ab – die verendeten Fische in heissen Sommern machen das deutlich. Wasserinsekten haben wie die Landinsekten ein Luftröhrensystem, nur ohne äussere Atemöffnungen. Die Luftröhren (Tracheen) treten bei Wasserinsekten ganz nah an die Körperoberfläche und der Sauerstoff diffundiert dort hinein. Wo es schneller gehen muss, treten oft seltsam gestaltete geschlossene Tracheenbündel aus dem Körper oder es werden grosse Atmungsoberflächen, wie bei den Kiemenblättchen der Eintagsfliegen, erzeugt. Zwischen den Moosblättchen kriechende und weidende Eintagsfliegenlarven müssen ihre Kiemenblättchen ständig in Bewegung halten. Das sieht dann so aus wie im Hauptbahnhof Zürich, wenn die Tafeln der Fahrplanangaben herunter gerattert sind (bis noch vor ein paar Jahren!).
Veränderungen in den Fliessgewässern
Die Artenvielfalt hat in vielen Gewässern der Talebene in den letzten vierzig Jahren abgenommen. Es gibt viele Gründe dafür, auch allgemein bekannte. Andererseits sind einige schöne Revitalisierungsprojekte realisiert worden. Bis sich dort eine neue, mehr oder weniger stabile artenreiche Lebensgemeinschaft entwickelt haben wird, geht es Jahre. Der Erfolg hängt nicht wenig von der Planung und Durchführung von langfristigen Pflegeprogrammen sowie der Bereitstellung von personellen und materiellen Ressourcen ab.
Ein besonderes Problem der näheren Zukunft ist die zunehmende Erwärmung der Gewässer.
Über die Bedeutung der Lebensgemeinschaft für grössere Tiere im Bach reden das nächste Mal die Fische selbst – in einem Beitrag von Joe Bollhalder, Berschis.
Texte wie immer Hans Conrad
Mikroskopie und Fotografie Hans Conrad
Einige frühere Beiträge von SarganserlandNATUR können nachgelesen werden auf www.sardonaland.ch